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Shibata Kanjuro XXI, Sensei seit 2011 Oberhaupt der „Chikurin ha“  (Aus einem Interview mit Dr. Elmar Weinmayr)

„Ich bin ein Handwerker, ein Bogenmacher und kein Zen-Meister. Deswegen kann ich zum Kyudo wenig sagen. Viele Kyudo-Schüler sprechen vom "Grossen Erwachen" oder von "polishing your mind by kyudo". Mir scheint das heutzutage unmöglich.

Wir leben in einer Welt und Gesellschaft, die so voller Gier und Selbstbehauptungswillen ist, dass man sich schon in die Einsamkeit irgend eines Klosters oder Gebirges zurückziehen müsste, um überhaupt eine kleine Chance zu haben, seinen Geist zu klären, sein Selbst von allen Leidenschaften und Anhänglichkeiten zu befreien. Was ich aber deutlich spüre: Beim Bogenschiessen werde ich aufmerksam auf mich, ich lerne mich selbst neu kennen. Ich sehe, wie tief mein Selbst in alle möglichen Dinge verstrickt ist. Wenn ich den Bogen spanne und auf das Ziel richte, sehe ich mich. Heutzutage sind die Grenzen zwischen dem Bogenschiessen als Sport und dem Bogenschiessen "als Weg" in Japan fliessend. Ich finde das nicht schlimm. Schlimm finde ich nur, wenn jemand stolz darauf ist, dass er gut bzw. besser trifft als andere. Es ist schade, wenn das Bogenschiessen zum Aufbau eines klein karierten Egos benützt wird. Ich finde, dass schiessen - egal ob als Sport oder Weg - Freude machen soll. Wenn etwas Freude macht, macht man es gerne und von selber immer weiter. Und wenn man das Bogenschiessen mit Spass lange weiter betreibt, dann gibt es vielleicht die Chance, einmal etwas zu lernen, zu begreifen."